Moorzentrale
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Agenda Landwirtschaft

13.02.2013 

Um eine Agenda für die Landwirtschaft aufzustellen muss man sich zunächst anschauen wie die Landwirtschaft ursprünglich aussah und wie sie sich in den letzten 50 Jahren entwickelt hat bzw. entwickeln musste.

Vor 50 Jahren gab es keine großen Viehbestände! Auf den Bauernhöfen liefen noch alle möglichen Nutztiere rum, wie man es heute nur noch auf Biobetrieben oder auf RTL sieht. Jetzt ist es so, dass von gut 30.000 Schweinehaltender Betriebe nahezu die gleiche Anzahl an Schweinen gehalten wird (werden muss), wie von ca. 330.000 Betrieben vor 30 Jahren. Das heißt auch, dass 90% der Betriebe die Schweinehaltung schon aufgeben mussten. 

Je nach Bodenbeschaffenheit und Zugänglichkeit zu Futtermitteln entwickelte sich vermehrt Ackerbau oder Viehhaltung.

Die Ernährung der Bevölkerung musste sichergestellt werden und jeder Landwirt musste seine Familie ernähren. Wie man am Selbstversorgungsgrad sieht war eine Effizienzsteigerung nötig.

 

Agrarprodukt:           1978    2001

Getreide                      84%     129%

Kartoffeln                    94%     108%

Zucker                        129%   136%

Rind- & Kalbfleisch      100%   166%

Schweinefleisch          88%     88%

Geflügelfleisch            58%     64%

Eier                             79%     75%

Käse                            90%     107%

Butter                          135%   79%

Quelle: Bericht der
Bundesregierung

 

Neben dem Bevölkerungswachstum wurde auch wesentlich mehr verzehrt. So wurden, am Beispiel Fleisch (gesamt) 1950 noch ca. 26 kg pro Kopf benötigt und 2007 ca. 62 kg.

 

Die schlechten Zeiten sollten vorbei sein, nicht nur Deutschland entwickelte sich zur Wohlfühlgesellschaft. Dabei sollten Nahrungsmittel aber immer für jedermann günstig bleiben und wie wir alle wissen, spielen die Ausgaben für Nahrungsmittel bei den Familien immer geringere Rollen.

Laut Eurostat gaben die

Deutschen 2009 noch 9,8 % für Lebensmittel aus. Im Vergleich dazu waren es 1950 noch 44 %.

Der Durchschnitts- Arbeitnehmer musste 1979 für ein Pfund Butter noch 22 Minuten arbeiten und 2005 nur noch 3 Minuten.

 

Das Produkt der Landwirtschaft wird laufend völlig entwertet.

So wurde also in der Landwirtschaft in allen Bereichen ordentlich rangeklotzt, gezüchtet und geforscht. Das Ergebnis ist eine rund um Versorgung mit Lebensmitteln in den unterschiedlichsten Formen und zu minimalen Preisen. Dass es hier nicht in
allen Bereichen zu 100 % „richtig“ laufen konnte ist völlig klar, denn die Lebensmittelproduktion geschieht nicht zum Selbstkostenpreis. Die Landwirtschaft hat sich aber an den Leitplanken der Politik und dem Konsumverhalten des Verbrauchers sehr positiv entwickelt und erzeugt qualitativ hochwertige und sicherste Lebensmittel.

 

Natürlich kann man Tiere „artgerechter“ halten, aber man darf dabei nicht vergessen, dass es sich um Nutzvieh handelt.

Alle Landwirte hätten sicherlich kein Problem damit deutlich weniger Tiere mit erhöhtem Aufwand zu halten, wenn die harte und „urlaubsfreie“ Arbeit dann auch angemessen entlohnt würde.

 

Es sollte also deutlich werden, dass die Sicherstellung der Ernährung und die Sicherstellung der landwirtschaftlichen Inlandsproduktion die großen Aufgaben in den vergangenen Jahrzehnten waren.

 

Zu Veränderungen ist die Landwirtschaft bereit. Es kann aber nicht mit der Brechstange gelingen.

Die Folge wäre das komplette Aussterben der letzten bäuerlichen Familien Betriebe, weil sie die neuen Standdarts mit voller Härte treffen. Teure Umbaumaßnahmen und schlechte Ertragsaussichten liefern, bei aller Freude am Job, keine Grundlage eine Familie zu ernähren, meistens schlicht weg den Bankrott.

Viele größere Betriebe erwirtschaften auch nur akzeptable Einkommen, weil es ordentliche Mengenzuschläge gibt. Bei kompromisslosem Umsetzen neuer Forderungen müssen wir auch befürchten, dass auch die landwirtschaftliche Urproduktion ins Ausland verlagert wird. Dort hätte man dann nur noch passiven Einfluss auf Tierhaltungsformen.

Der faire Umgang mit den produzierenden Betrieben sollte also Voraussetzung sein. Damit dürfte zu der Herkunft und der groben Entwicklung der Landwirtschaft genug gesagt sein.

Jetzt müssten wir einen Blick auf den Verbraucher werfen, denn wenn eine Agrarwende nachhaltig gelingen soll, dann können wir uns nicht nur um Veränderungen im produzierenden Gebiet
bemühen.

Wirklich nachhaltig, ohne den weiteren Verlust von tausenden von Familien Betrieben, kann eine Agrarwende nur gelingen, wenn jeder Verbraucher mit umdenkt und dafür dann auch das nötige Kleingeld verdient.

Das Heißt, wir bräuchten dringend einen völlig angemessenen Mindestlohn für jede arbeitende Kraft auf jedem Gebiet. Das wäre eine Grundvoraussetzung für die Agrarwende.

 

Dann wäre aber noch nicht sichergestellt, dass der Verbraucher auch tatsächlich diese Wende mit unterstützen will. Der nächste unausweichliche Punkt wäre ein absoluter Mindestpreis für Lebensmittel im Supermarkt.

Das heißt, dass der LEH nicht mehr nur mit Billig Preisen werben kann, sondern vor allem mit Qualität und Herkunft werben muss.

Bio könnte es dann immer noch geben. Bei allgemein höherem Einkommen würden sicher auch mehr Verbraucher die
augenscheinlich „besseren“ Lebensmittel kaufen.

 

Die eigentliche Agenda kann ganz grob in fünf Oberpunkte unterteilt werden:

èEinkommensniveau des Verbrauchers anheben,

èÄnderung der landwirtschaftlichen Produktion,

èVerbot für Billiglebensmittel im LEH,

èVerbot zum Bau von neuen Riesenställen.

èAufteilung in Sektoren.

Ich denke, dass es kaum möglich sein wird alle unterschiedlich gewachsenen Betriebe in ein und demselben Segment anzusiedeln.

Im Grunde könnte es ein Flächendeckendes Bauverbot von Tierhaltungsanlagen geben, nur müsste es hier für klein strukturierte Betriebe Ausnahmen geben um eine sinnige Betriebsgröße zu erlangen mit der man ein nachhaltig ausreichendes und angemessenes Einkommen erwirtschaften könnte.

Beispiele in der Schweinehaltung wären kleine Sauen Halter, die Kapazitäten zur Schweinemast bauen dürfen und umgekehrt. Zudem müssten Umbaumaßnahmen deutlich unterstützt werden, kleine Betriebe die schon länger kein ordentliches Einkommen erwirtschaften konnten, können auch diese nötigen Umbaumaßnahmen nicht mehr tragen.

Alleine die Umstellung auf Gruppenhaltung bei den Sauen führt schätzungsweise bei 20-30% der Schweinehaltenden Betriebe

(neben dem normalen Strukturwandel) zum AUSSTIEG.

Ich denke es müsste eine 3-Teilung in der landwirtschaftlichen Produktion geben.

 

1.)Die breite Mehrheit der Betriebe wäre im Familien Betrieb Sektor Hier würden Veränderungen in den Haltungsformen und in der weiteren Produktion der Nachhaltigkeitsgedanke voll umgesetzt.

 

2.)Bestehende Großbetriebe für eine mögliche Produktion für den Weltmarkt. Weltmarkt Sektor Hier würden Grundstanddarts umgesetzt, die auch eine deutliche Verbesserung mit sich bringen.

 

3.) Der Bio-Sektor würde sich sicherlich vergrößern, aber auch hier muss man überlegen ob die Bio-Vorschriften tatsächlich Tier-Wohl fördern oder doch zum Teil auch idealistisch und hinderlich sind. Eine Vermenschlichung der Tiere verleiht ein scheinbar gutes Gewissen ist aber völlig kontraproduktiv.

 

Es versteht sich, dass diese Umsetzungen, dann nur im Einklang mit ganz Europa geschehen könnten, oder wir müssten den Lebensmitteltransport über die Landesgrenzen zusätzlich verbieten.

 

Auch ist klar, dass dieser Prozess nicht in 2-3 Jahren vollzogen werden kann. In der Zukunft hätte man dann aber landwirtschaftliche Betriebe, die sich auch um Ihre Zukunft keine Sorgen mehr machen müssten und es würden wieder mehr junge Leute den Beruf des Landwirten wählen können, ohne sich ständig Vorwürfen und Verleumdungen gegenüber zu sehen.

Der springende Punkt liegt aber nicht alleine in der Landwirtschaft sondern auch in der ehrlichen Bereitschaft der Verbraucher und des LEH. Falls doch nur Produkte aus dem
Weltmarkt-Sektor im Inland nachgefragt würden, wäre alles für die Katz und die bäuerliche Landwirtschaft endgültig zu Grabe getragen.

 

Das wirkliche Gelingen dieses Projektes ist also fraglich.

Eine Subventionierung wird es, aus meiner Sicht, daher auch immer geben müssen. Sicherlich könnte die Art einer Subventionierung überdacht werden. Riesen Betriebe und Königshäuser bräuchten sicher keine weiteren Mittel aus dem Agrarhaushalt.

 

Alternativ gebe es, denke ich, nur die Möglichkeit alle Landwirte zu verbeamten. Womöglich wäre dieser Schritt vor 40 Jahren richtig gewesen. Die einzelbetriebliche Gewinnmaximierung bzw.
der Überlebenskampf der kleinen Betriebe wäre dann kein Gedanke mehr.

 

Aber auch unter direkter staatlicher Aufsicht hätte man versucht die Lebensmittelerzeugung wirtschaftlich zu gestalten und hätte womöglich ähnliche Wege einschlagen müssen.

 

Die Lebensmittelerzeugung wäre zur Chefsache geworden und der Landwirt im Allgemeinen wäre nie ins Fadenkreuz scheinbarer Naturschützer geraten.

 

Wir sind im Hier und Jetzt und müssen gemeinsam einen neuen Weg einschlagen. Dazu ist ehrliche Aufklärung und Transparenz äußerst wichtig und sicherlich muss man hier der Landwirtschaft
einen großen Tadel aussprechen.

Beschrieben ist die Entwicklung oben genug, um jetzt vorwärts zu kommen hilft es nicht nach RTL Manier bzw. wie Frontal 21 am12.02.2013 Rufmord an einem ganzen Berufsstand zu begehen.

Es werden einzelne unrühmliche Betriebe als Standard der landwirtschaftlichen Produktion dargestellt. 95 Prozent der Deutschen Bauern werden dadurch falsch angeklagt.

 

Man könnte jetzt noch endlos in Details einsteigen wo welche landwirtschaftliche Richtung die bessere Alternative ist, das führt hier aber zu weit. Ein fairer Umgang auf beiden Seiten und Toleranz bringen den gemeinsamen Erfolg.

DE-ÖKO-006

Georg Keckl

Bauernhöfe
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